Die Hufewiesen aus der Sicht der Stadtplanung
In den letzten zwanzig Jahren hat die stadtplanerische Debatte zu den Hufewiesen ein erstaunliches Auf und Ab erlebt. Nach der Wende schien nichts dringlicher zu sein als eine großangelegte neue Wohnsiedlung. Dann aber brach der Immobilienmarkt in Dresden zusammen. Im August 2002 überschwemmte das Elbehochwasser weite Teile Dresdens und auch der Hufewiesen. Alle Überflutungsgebiete wurden mit einem Planungsverbot belegt, bis umfassende Maßnahmen zum Schutz vor neuen Überflutungen fertiggestellt sein würden. Für die Hufewiesen war das im Jahre 2014 der Fall.
In der Zwischenzeit hat die Stadt Dresden ein integriertes Stadtentwicklungskonzept ausgearbeitet und beschlossen. Darin wird der Bebauung von Brachflächen in der Innenstadt Vorrang eingeräumt vor dem weiteren Versiegeln von „Außenbereichen“, also bislang nie bebauten Flächen, wie die Hufewiesen es sind. Außerdem haben sich die Vorschriften zum Schutz vor Fluglärm erheblich verschärft. Die Hufewiesen sind davon betroffen, denn sie liegen in der Einflugschneise des Dresdner Flughafens. Deshalb sähe die Stadtverwaltung die Hufewiesen heute lieber unbebaut.
Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan ist ein Planungsinstrument für die Kommunen. Damit soll die städtebauliche Entwicklung gesteuert werden. Der Plan bindet die Verwaltung, aber er hat keine Rechtskraft gegenüber Dritten. Rechtlich verbindlich sind letztlich nur die Bebauungspläne.
Für Dresden gilt zur Zeit noch der Flächennutzungsplan von 2020. Darin sind nur der westliche Teil die Hufewiesen als eine Fläche ausgewiesen, die künftig bebaut werden soll.
Die Hufewiesen und der Immobilienmarkt
Zur Zeit gehören die Hufewiesen in Trachau fast vollständig der MBG Trachau GmbH & Co. KG mit Sitz in Frankfurt. Informationen zur MBG Trachau aus dem öffentlich zugänglichen Unternehmensregister:
- Die MBG Trachau wurde als projektbezogene Tochtergesellschaft der MBG Bayern GmbH gegründet und am 10. April 2007 vom Amtsgericht Hamburg unter HRA 105765 ins Handelsregister eingetragen.
- Seit 2008 ist die MBG Trachau in den Konzernabschluss der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft einbezogen.
- Hinter dieser verschachtelten Struktur steht offenbar die Insolvenz der MBG Bayern GmbH im Jahre 2007. Die ADLER Real Estate AG kaufte die insolvente Firma auf und wandelte die einzelnen Liegenschaften in eigene Tochtergesellschaften um.
Potentielles Bauland?
Aus der Sicht der ADLER Real Estate AG sind die Hufewiesen vor allem eins: potentielles Bauland. So beschreibt das Unternehmen die Hufewiesen in diversen Veröffentlichungen:
- Auf den Netzseiten der ADLER Real Estate findet sich eine Projektbeschreibung zu den Hufewiesen mit folgenden Angaben: „Insgesamt umfaßt das Gelände rund 135.000 m². Davon besitzt die MBG Trachau 108.061 m² Boden.“ Die Projektbeschreibung rechnet weiter vor, daß davon 76.000 m² als „Netto-Bauland” gelten können (nach Abzug aller Wege und Abstandsflächen).
- Im Konzernabschluß 2010 der ADLER Real Estate heißt es: „In Dresden besitzt die ADLER Real Estate AG ein ca. 108.000 m² großes Grundstück, das in dem 2002 von Überschwemmung betroffenem Gebiet der Stadt Dresden liegt. Seitdem arbeitet die Stadt an einem neuen Bebauungsplan, der erforderliche Maßnahmen zum Hochwasserschutz einschließt. Das entsprechende Verfahren ist sehr langwierig. Erst wenn alle Maßnahmen geklärt sind, kann mit der Freigabe und Beantragung eines Bebauungsplans gerechnet werden. Für einen Teilbereich unseres Grundstücks, der nicht vom Hochwasser betroffen war, versuchen wir gegenwärtig Baurecht zu erwirken. Mit dem Baurecht würde ein deutliches Wertsteigerungspotential für das Grundstück realisiert.“
Unerfüllte Hoffnungen
Am 17. Mai 2011 berichtet die ADLER Real Estate in einer Konzern-Zwischenmitteilung erstmals von einem neuen Bebauungsplan für das Grundstück in Alttrachau:
- In die Verhandlungen bezüglich unseres Grundstücks in Dresden-Trachau ist jetzt nach vielen Anläufen Bewegung gekommen. Zwar steht aufgrund der rechtlichen Beschränkungen noch nicht das gesamte Grundstück für eine Planung zur Verfügung, aber für eine Teilfläche von rd. 40.000 m² laufen nunmehr die Maßnahmen zur Erstellung eines Bebauungsplanes.
- Zum Zeitplan heißt es weiter: Hier ist bereits kurzfristig eine frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung vorgesehen. Mit einem Abschluss des Bebauungsplanverfahrens kann dann in ca. einem Jahr gerechnet werden.
- Das erwies sich als Fehleinschätzung. Nach heftigen Protesten von Anwohnern und ablehnenden Stellungnahmen auch durch das Ortsamt und verschiedene andere Träger öffentlicher Belange stellte das Stadtplanungsamt die Planung bis auf Weiteres ein.
Eine Oase ist mehr wert als Geld
Auch hier liefert das öffentlich zugängliche Unternehmensregister einige Anhaltspunkte. Denn dort ist die Eröffnungsbilanz der MBG Trachau aus dem Jahre 2007 hinterlegt. (Angaben aus späteren Jahren sind nicht mehr öffentlich zugänglich, weil die Werte der MBG Trachau seit 2008 in das Gesamtvermögen der ADLER eingeflossen sind.):
Die Hufewiesen machen das gesamte Betriebsvermögen der MBG Trachau aus. Der Wert der entsprechenden Grundstücke wird in der Bilanz mit einem Wert von 1,26 Millionen Euro angesetzt. Dem steht ein Darlehen der ADLER Real Estate an die MBG Trachau in etwa derselben Höhe gegenüber.
1,26 Millionen Euro: Das entspricht einem Preis pro Quadratmeter von 11,67 Euro
Der Preis von fast 12 Euro pro Quadratmeter liegt weit über den aktuellen Werten für Grünland in Dresden. Der Gutachterausschuss nennt für das Jahr 2011 in der Gemarkung Trachau einen Bodenrichtwert für unbebautes (unbebaubares) Grünland von 0,35 €/m². Zugleich liegt dieser Preis aber auch weit unter den aktuellen Werten für Bauland. im Bereich Alttrachau. Zur Zeit gilt hier für Baurecht mit bis zu zwei Geschossen ein Bodenrichtwert von 65 €/m² (Quelle: Themenstadtplan, Bodenrichtwerte).
Fluglärm und Bauverbot
Die Hufewiesen liegen in der Einflugschneise des Flughafens Dresden. Deshalb hat die sächsische Landesregierung das Gelände zum Siedlungsbeschränkungsbereich erklärt. Das bedeutet: Die Möglichkeiten der kommunalen Behörden, dort Neubauten zu erlauben, sind beschränkt.
Definition eines Mischgebietes
Was ein Mischgebiet ist, definiert § 6 der Baunutzungsverordnung. Die Details der Auslegung kann man nachschlagen in einer juristischen Loseblattsammlung. Wenn tatsächlich jedoch ein Wohngebiet beabsichtigt ist, für das … lediglich höhere Lärmgrenzwerte gelten sollen als im allgemeinen Wohngebiet, so handelt es sich um einen „Etikettenschwindel“, der planungsrechtlich nicht gedeckt ist.
Und weiter: Die Hauptnutzungsarten können jedoch nicht soweit entflochten werden, dass größere Bereiche entstehen, in denen die eine oder andere Nutzungsart ein solches Übergewicht bekommt, dass de facto ein Wohngebiet oder ein Gewerbegebiet entsteht.