B-Plan. Was für ein schlichtes, geradezu häßliches Wort. Aber darin steckt unendlich viel, nämlich das Regelwerk dafür, wie unsere Lebenswelt in der Stadt aussehen soll. Für die Hufewiesen dauert das Ringen darum schon dreißig Jahre. Im Folgenden findet Ihr einige Reflektionen dazu und Schlaglichter auf die jüngste Etappe in diesem Ringen.
1990, mitten in den dramatische Tagen der Auflösung der DDR, erklärte die Stadtverordnetenversammlung die ehemaligen Hufen der Bauern von Alttrachau zu Bauerwartungsland. Inzwischen erleben wir den dritten Anlauf, um die Erwartung in eine gültige Satzung umzusetzen. Das Planverfahren für den aktuellen B-3028 folgt auf das für einen B-380 und das für einen B-10 (Ausführliches zu den früheren Planungen). Deutlich zu erkennen ist im Vergleich der drei Anläufe, wie sich die Leitvorstellungen von der erstrebenswerten Gestalt für eine Stadt gewandelt haben.
In den 1990er Jahren stand das Schaffen von Wohnraum im Mittelpunkt – praktisch um jeden Preis. Nach dem Eigentümerwechsel 2007 ging es im zweiten Anlauf eher um einen Wettlauf zwischen Schutzinteressen der Stadtplanung und Verwertungsinteressen des Haupteigentümers. Wiederum zehn Jahre später, im aktuellen dritten Anlauf, dringt bei vielen Beteiligten immer stärker die Erkenntnis durch, daß wir Natur und gebaute Umwelt sehr sorgfältig ausbalancieren müssen, wenn unsere Stadt auch für kommende Generationen noch lebenswert sein soll.
Um eine solche Balance zwischen Bauen und natürlicher Umwelt zu erreichen, versuchen die Planer immer stärker, offene Fragen auch tatsächlich offen auszuhandeln und zu erörtern. Dabei werden Verantwortliche aus den Behörden und Eigentümer ebenso einbezogen wie Anwohner und Anwohnerinnen, mögliche Nutzer und Nutzerinnen und eben auch Fürsprecher für die Natur. Das Umdenken kommt auch in der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung zum Ausdruck. Seit wenigen Wochen gibt es für die Idee, daß zumindest ein Teil der Hufewiesen als öffentliches Grün bewahrt werden soll, eine eigene Plattform im Netzauftritt der Landeshauptstadt Dresden:
Der Planungsprozeß selbst wird dadurch komplexer, aber eben auch reichhaltiger. Das läßt sich ablesen an den Stellungnahmen zum ersten Vorschlag für eine Bebauung im Rahmen des Verfahrens zum B-3028, die im Herbst 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Einige Menschen, die ihr Recht zur Stellungnahme wahrnahmen, haben unserem Verein eine Kopie ihrer Aussagen zur Verfügung gestellt. Gerne geben wir hier eine kleine Auswahl zum Besten. So können diese Gedanken neue Gedanken anregen und hoffentlich zu einer guten Lösung beitragen…
Die Hufewiesen als Oase
Aus unmittelbarer Anschauung seit Ende 2013 möchte ich hiermit besonders die beeindruckende Artenvielfalt von Singvögeln und Greifvögeln sowie auch Insekten hervorheben, die durch die geplanten Baumaßnahmen nachhaltig in ihrer Existenz bedroht sind. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein eines größeren Waldstücks erhebliche Auswirkungen auf den Lärmschutz (als Schallschutz gegen den Bahngüterverkehr v. a. im Sommer) sowie auf das städtische Mikroklima hat („park breeze“) hat. Wie der Themenstadtplan Dresdens belegt, sind die Hufewiesen eine Art Klimakammer von Pieschen, da nachweislich der kälteste Punkt auf der östlichen Elbseite.
Verkehr intelligenter planen
Hinsichtlich der Verkehrsanbindung verschenkt die bisherige Planung die besonderen Potenziale, über die eine Wohnanlage an den Hufewiesen verfügen könnte. Dieses Areal ist bereits jetzt hervorragend für den Verkehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad und eine exzellente ÖPNV-Anbindung (Bus, Tram, S-Bahn) erreichbar. Die Zurückdrängung des Automobils in diesem Bereich erhöht ja gerade die Lebensqualität für die Anwohner.
Kindgerechte Straßenräume
Gegen eine zweite Nord-Süd-Erschließungsstraße spricht die vom Verkehr ausgehende Gefahr für Kinder. Viel besser könnten Kinder auf einem Quartiersweg (nur für Rad und Fußverkehr) ungestört unterwegs sein und spielen. Der Bebauungsplan erhebt den Anspruch, bei der Wohnbebauung eine diverse Bewohnerstruktur zu berücksichtigen. Eine Verkehrsvermeidung würde dieses Ziel maßgeblich unterstützen.
Weniger ist mehr
Ich plädiere für den Bau von weniger Wohnungen und einer lockeren Bebauung als im Vorentwurf vorgesehen. Das hat auch Vorteile für den Investor: höherwertiges Umfeld mit einer parkähnliche Grünfläche bedeutet höhere Mieten oder Kaufpreise; höhere Attraktivität des Objektes.
zu hoher Anteil an Verkehrsflächen
Die städtebauliche Grundstruktur des geplanten bebauten Areals und dessen verkehrliche Erschließung sind nicht zufriedenstellend. Die derzeitige Planung ist extrem flächenintensiv, da die Verkehrsflächen (14.200 m2) die durch Gebäude überbaute Fläche (13.582 m2) sogar übersteigen.
Wenig einladende Durchfahrten
Die in der Bürgerversammlung durch den Architekten benannten Hofdurchfahrten laden aus meiner Sicht nicht ein und machen das Gelände entgegen seinen Aussagen nicht „durchlässig“. Als Besucher geht man eigentlich nicht in Hofdurchfahrten bzw. die Innenhöfe. Die Durchfahrten sind in der Regel Ablageplätze für Müll und riechen oft nach Urin. Eine Variante mit einzelnen Häusern bietet bessere Optionen.
dichte, aber aufgelockerte Bebauung
Die derzeitige Planung sieht die Schaffung von teilweise über 100 Meter langen durchgängigen Häuserzeilen vor. Auch wenn eine hohe bauliche Dichte wohl unvermeidbar ist, sollte auch die Gestaltung der Umgebungsbebauung stärker Rücksicht genommen werden. Die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Häuserzeilen sollten mindestens alle 50 Meter unterbrochen werden. Dies würde auch die stadtklimatische Abschirmung der erhaltenen Hufewiesen zur Bestandbebauung reduzieren. Auch die Fernwirkung einer vergleichsweise hohen Bebauung wäre besser, wenn diese nicht als geschlossener Riegel wirkt.
Weniger Verkehr auf der Gaußstraße!
Die Gaußstraße sollte insgesamt verkehrsberuhigt sein, so wie es vor einiger Zeit war. Der Verkehr dort verursacht vor allem zu Berufsverkehrszeiten durch die enge der Straßen für Ärger. Die kleine Kreuzung Gaußstraße und Allttrachau ist schwer einzusehen insbesondere für die Schulkinder ist die Enge der Straßen ein Problem, wenn dort Autos teils recht zügig unterwegs sind. Das muss nicht sein. Die Autos können auch den Weg darum herum nehmen. Der Zeitaufwand von ca. 4 Minuten ist zu verkraften.
Danke, lieber Mirabellenbaum!
Fast jeden Morgen fahre ich mit meinem Sohn auf dem Rad quer über die Hufewiesen. Jetzt halten wir an den Hagebuttensträuern und stärken uns mit frischen Hagebutten, die wir pflücken und gleich verputzen. Vorbei am Walnussbaum, durch die zwei großen Eichen über die kleinen heimeligen Wege Richtung wunderschönem Mirabellenbaum! GUTEN MORGEN LIEBER MIRABELLENBAUM, ruft mein Sohn ganz laut. (…)
Uns sind keine gut geplanten Spielplätzen wichtig. Wir wünschen uns sinnliche Erlebnisse mit unseren Kindern, Bäume auf die sie klettern können , Brenesselstiche, die sie fühlen dürfen, Äpfel, die sie mit großer Anstrengung pflücken und danach genüsslich essen dürfen. Ja, auch dass sie beobachten dürfen, wie dieser Apfel von einem kleinen Wurm gemocht wird….
Zum Schluß noch eine Lektüreempfehlung:
Wesentliche Aussagen aus den beiden Bürgerversammlungen zum B-Plan für die Hufewiesen vom Herbst 2019 hat die Stadtverwaltung in einer Präsentation und einer Dokumentation zusammengefaßt. Hier gibt’s sie zum Herunterladen – ein intellektuelles Verdauen in Ruhe lohnt sich!